Biografie Ernst Bornstein
Ernst Israel Bornstein wurde am 26. November 1922 in Zawiercie in Polnisch Ostoberschlesien als Ältester von vier Geschwistern in einer jüdisch-zionistischen Familie geboren. Mit Kriegsbeginn im September 1939 wurde die Stadt von den Deutschen besetzt und in Warthenau umbenannt. Das ursprünglich deutsche Grenzgebiet war im Juni 1922 als Folge des Versailler Vertrags nach einer Volksabstimmung an Polen gefallen, jetzt war es erneut in deutscher Hand. Damit wurden auch in Ostoberschlesien die im Deutschen Reich geltenden antijüdischen Gesetze eingeführt. Um der drohenden Verhaftung und Einweisung in die Zwangsarbeit zu entkommen, versteckte der damals 17jährige jüdische Abiturient sich zwei Jahre lang mit Erfolg bei befreundeten Christen.
Im Frühjahr 1941 wurde er zusammen mit seinem Vater zum Arbeitseinsatz rekrutiert und in das Zwangsarbeitslager Grünheide in der Nähe der Ortschaft Kaltwasser, Landkreis Groß Strehlitz, verschleppt. Die beiden wurden der Firma „Kaltwasser Hoch-Tiefbau“ zugeteilt und mussten mit anderen Häftlingen zusammen ein neues Stück Autobahn der Strecke Breslau – Krakau bauen. Sie waren damit Opfer eines großangelegten Zwangsarbeitsbeschaffungssystems der Nationalsozialisten für polnische Juden, das unter dem Begriff „Organisation Schmelt“ in die Geschichte eingegangen ist.
Noch vor Pfingsten 1941 wurde der Vater so schwer krank, dass er vom Judenrat wieder zurück in das Ghetto der Heimatstadt Warthenau verbracht wurde. Für Ernst Israel war es ein Abschied vom Vater für immer.
An Pfingsten 1942 wurde das Lager Grünheide geräumt und die Zwangsarbeiter nach Markstädt/Fünfteichen überstellt, wo bei dem dort angesiedelten Bertha-Werk der Friedrich Krupp AG ein großer Arbeitskräftebedarf bestand. Auch hier wurde der junge Bornstein wieder einer Großbaufirma, der Firma Grün & Bilfinger, zugeteilt und dort beim Gleisbau beschäftigt.
Mit dem Wechsel vom Zwangsarbeitslager Markstädt in das KZ-Außenlager Fünfteichen im Dezember 1943 war auch der Wechsel des Arbeitgebers verbunden.
Ein gutes Jahr verbrachte er im KZ Fünfteichen. Am 21. Januar 1945 ging es dann ins Stammlagers Großrosen, wo ihn das reine Chaos erwartete, denn es war zum großen Umschlagplatz für tausende von KZ-Häftlingen geworden, die vor den immer näher rückenden Sowjettruppen in Richtung Westen getriebenen wurden. Bereits am 8./9. Februar 1945 wurden die zu diesem Zeitpunkt im KZ Großrosen und seinen Außenlagern fest gehaltenen 44.000 Häftlinge in weiter westlich gelegene Konzentrationslager verbracht.
Für Bornstein war es das KZ Flossenbürg, wo die gleichen Zustände herrschten wie in Großrosen. Am 16. März schließlich kam er mit einem Transport zusammen mit 986 Männern von Flossenbürg nach Leonberg.
Der Arbeitseinsatz in Leonberg dauerte für ihn kaum drei Wochen. Die Firma Messerschmitt hatte Anfang April bereits begonnen, die Maschinen ins Stammland der Firma nach Bayern abzuziehen, um in einem vermeintlich sicheren Rückzugsgebiet weiter produzieren zu können.
In Kaufering, dem ersten Ziel in Bayern, wo die Großproduktion von Zellenteilen, u.a. für das Messerschmitt-Düsenflugzeug Me 262 stattfand, blieb er auch nur kurze Zeit, um dann am 25. April 1945 zusammen mit 3600 anderen Häftlingen weiter in das KZ-Außenlager Mühldorf transportiert zu werden, wo die Produktion der dazu gehörenden Motoren anlaufen sollte.
Nach vielen Verzögerungen, u.a. durch Tieffliegerangriffe kam der Güterzug, in dem sich noch zwei weitere Häftlinge aus dem KZ Leonberg, u.a. auch Moshe Neufeld, befanden, Ende April in Tutzing an, wo sie schließlich von den Amerikanern befreit wurden.
Bornstein war inzwischen so entkräftet und krank, dass er bis in den Herbst 1945 hinein im Elisabethenkrankenhaus in Feldafing lag. Um im Anschluss Medizin studieren zu könnten, musste er zunächst noch einmal bis zum Frühjahr 1948 die Schulbank drücken. Das jüdische Hilfskomitee und die UNRRA ermöglichten ihm bis zum nachgeholten Abitur im März 1948 den Lebensunterhalt. Danach studierte er Zahnmedizin und führte viele Jahre in München eine eigene Zahnarztpraxis. Er begründete und leitete den Landesverband der jüdischen Verfolgten in Bayern und war auch Mitglied im Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde München. Ernst Israel Bornstein starb am 14. August 1978, gerade erst 55 Jahre alt.