Nachruf auf Aldo Gregorin (19.9.1921 – 23.10.2011)
Am Sonntag den 23. Oktober 2011 verstarb Aldo Gregorin aus Ronchi dei Legionari, einem Ort in der Nähe von Triest in Italien.
Wir lernten Aldo Gregorin Ende Juli 2000 kennen, als wir – Joachim Baur und Ingrid Bauz zusammen mit Dieter Hartmann als Übersetzer - im Auftrag der Geschichtswerkstatt für zwei Tage nach Ronchi dei Legionari fuhren, um ihn zusammen mit Giuseppe Covacich, Riccardo Goruppi und Giuseppe Zorzin nach ihren Erinnerungen an die Zeit als Häftlinge im Konzentrationslager in Leonberg zu befragen. Wir trafen auf vier sympathische ältere Herren, mit denen wir viele intensive Stunden im Büro der ANED verbrachten. Dort stellten sie sich unseren Fragen in dem Wissen, dass wir dadurch viele schmerzliche Erinnerungen an die Oberfläche holen würden, die sie alle viel lieber vergessen hätten.
Aldo Gregorin hat den Kampf der italienischen Partisanen gegen den Nazifaschismus unter-stützt und wurde deshalb am 24. Mai 1944 verhaftet. Am selben Tag wurden noch sein Vater, seine 15jährigen Cousine und zirka 60 weitere Frauen und Männern aus Ronchi dei Legionari gefangen genommen. Sein Vater kam in das KZ Mauthausen und ist dort gestorben. Seine Cousine kam nach Auschwitz und er ins KZ Dachau. Am 30. Juni 1944 wurde er von Dachau ins KZ nach Leonberg verbracht. Aldo Gregorin bekam die Natzweiler Häftlingsnummer 18948. Auch sein zweieinhalb Jahre jüngerer Bruder Umberto wurde verhaftet. Er kam An-fang 1945 nach Leonberg. Die Brüder Gregorin mussten bis zu ihrer Evakuierung Ende März 1945 im Engelbergtunnel für die Rüstungsfirma Messerschmitt arbeiten. Als die Alliierten sich Leonberg näherten, wurden die Häftlinge eiligst in Konzentrationslager im Südosten des Reiches verbracht. Der Weg der beiden Gegorin-Brüder führte über das KZ Kaufering weiter ins KZ Allach, wo sie amerikanische Truppen befreit haben.
Als Aldo Gregorin am 29. Mai 1945 wieder zu Hause in Ronchi dei Legionari ankam, wog er noch 28 Kilogramm. Seine Mutter hat ihn nicht mehr erkannt und es dauerte fast ein Jahr, bis er wieder richtig gehen konnte.
Unmittelbar nach der Befreiung sprach Aldo Gregorin nicht über seine Zeit in den verschie-denen Konzentrationslagern. Als Grund nannte er bei unserem Gespräch im Juli 2000 den fehlenden Glauben, verstanden zu werden. Umso mehr gilt ihm unser Dank für das Vertrauen, mit dem er unsere Fragen beantwortet hat. Auch wenn er in den Jahren danach aus gesund-heitlichen Gründen nie Leonberg besucht hat werden wir ihn nicht vergessen!
Ingrid Bauz