Weitere Informationen zur Geschichte des KZ Leonberg
Im Juni 2004 hat der Historiker Joachim Baur, der Mitherausgeber des Buches „KZ und Zwangsarbeit in Leonberg“ im Auftrag der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg und ausgestattet mit einem Werkvertrag der Landeszentrale für politische Bildung eine Woche lang in den National Archives in Washington nach noch nicht bekannten weiteren Dokumenten zur Geschichte des KZ Leonberg geforscht und ist dabei recht fündig geworden.
Unter den Entdeckungen, die der damalige Vorsitzende der KZ-Gedenkstätteninitiative Eberhard Röhm nach einer ersten Prüfung der mehr als Tausend Kopien bereits machen konnte, befinden sich ausgesprochene Überraschungen.
So besitzt die Initiative jetzt eine zum ersten Mal entdeckte Liste mit 100 Häftlingsnamen und deren Nummern eines Transports von Dachau nach Leonberg am 10. Oktober 1944. Unter ihnen befindet sich auch der Name des ältesten noch lebenden Leonberger KZ-Häftlings Kaere Kverneland aus Norwegen mit der Natzweiler Nummer 29200, der im Jahre 2001 zusammen mit seinem Sohn Gast in Leonberg war. Mit ihm kamen damals noch weitere vier Norweger ins Leonberger KZ wie weitere Russen, Jugoslawen, Franzosen, Belgier, Luxemburger und Deutsche. Die 100 Namen wurden rechtzeitig bekannt, sodass sie noch in die Namensliste der geplanten Namenswand vor dem Engelbergtunnel aufgenommen werden können. Eine weitere Namensliste von bisher nicht bekanntem Umfang ist als Mikrofilm derzeit unterwegs von Washington nach Leonberg.
Eine zweite Entdeckung sind bearbeitete Luftaufnahmen von Leonberg und Umgebung vom 13. Mai, 6. Juli und 8. September 1944, die darauf schließen lassen, dass im November 1944 ein Tieffliegerangriff auf die Messerschmitt-Produktion im Engelbergtunnel und auf das Werkgebäude des Presswerks Leonberg am heutigen Ort von Möbel-Mutschler ins Auge gefasst war, dann aber doch unterblieb.
Auch Beutegut über Leonberg aus der Nachkriegszeit war in Washington zu finden: Bei der Firma Messerschmitt beschlagnahmte Lagepläne zum Bau der beiden KZ-Lager und zu dem genannten Firmengelände an der unteren Römerstraße. Damit erhärtet sich das von der Geschichtswerkstatt der Gedenkstätteninitiative entworfene Bild vom Lager und den genannten Fabrikationsgebäuden. So wissen wir nun, dass in den umzäunten Lagern entgegen mancher Zeichnungen und Erinnerungen zwischen dem Bereich der Wachmannschaften und der KZ-Häftlinge ein Zaun verlief.
Eine weitere Vermutung ist durch ein Dokument mit genauem Datum jetzt belegt: Am 2. April 1945, ehe die in Leonberg noch befindlichen etwa 2700 KZ-Häftlinge auf den Todesmarsch in Richtung Bayern getrieben wurden, hat die Firma Messerschmitt ihre wertvollen Maschinen ebenfalls nach Bayern in Sicherheit gebracht.
Die vielleicht wichtigsten Dokumente für die Leonberger Nachkriegsgeschichte, die Joachim Baur im Washingtoner Archiv entdeckt und kopiert hat, sind die vollständig erhaltenen Strafregister der vier von 1945 bis 1948 in Leonberg ansässigen Militärgerichte. Durch sie wurden in diesem Zeitraum 532 Personen des Kreises Leonberg abgeurteilt, hinzu kommen noch 20 Fälle vor dem Revisionsgericht. Eine genauere Analyse dieser Papiere wird eine wichtige Ergänzung der Darstellung des Leonberger Nachkriegsalltags durch die Leonberger Geschichtswerkstatt im Jubiläumsjahr 1997/98 erbringen.
Englisches Luftbild vom 15. Februar 1945
- Das KZ in Leonberg
- Warum gab es ein KZ in Leonberg?
- Die Häftlinge, ihre Haft- und Arbeitsbedingungen
- Gestapolager und Zwangsarbeit in und um Leonberg
- Weitere Informationen zur Geschichte des KZ
- Orte des Gedenkens und der Erinnerung in Leonberg
- Stadtmuseum Leonberg
- Ansprachen 8. Mai 2005 zur Einweihung der Namenswand am alten Tunnel