"Behandlung empfohlen"

Sonntag, 5. März 2017, 15 Uhr

Die KZ-Gedenkstätteninitiative setzt das Thema „Auslese des Menschenmaterials“ in der nationalsozialistischen Rassepolitik fort, nämlich mit der anderen Seite derselben Medaille: nach dem „Aufnorden“ im Lebensborn nun das „Ausmerzen“ – also die Unterdrückung und Vernichtung „Minderwertiger“.  Dr. med. Karl-Horst Marquart berichtet in seinem Vortrag über Medizinverbrechen in der Nazizeit an Kindern in Stuttgart und stellt seine Dokumentation „Behandlung empfohlen“ vor.

 „Mindestens 33 Kinder sind in der Stuttgarter Kinderfachabteilung nachweislich umgebracht worden, mit Luminal“. K.-H. Marquart, promovierter Mediziner, weiß, wovon er spricht: eine Überdosis dieses Medikaments führt in eine Art Dämmerschlaf, eine Lungenentzündung folgt, der Tod tritt ein.

Marquart wird über die Medizingeschichte Stuttgarts sprechen, über den SS-Obersturmbannführer Prof. Saleck und dessen Spezialgebiet „Erb- und Rassenpflege“. Bei seinen Recherchen wurde ihm klar, dass Stuttgart bei der Kindereuthanasie eine zentrale Rolle gespielt hat. 260 Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen wurden zuhause betreut. Ihre Erbleiden wurden vom Stuttgarter Gesundheitsamt zur „wissenschaftlichen“ Erfassung nach Berlin gemeldet und von dort erhielten die Eltern den Rat „Behandlung empfohlen“. Zur Tarnung wurde von bestmöglicher Pflege und Therapie gesprochen, aber der tatsächliche Zweck war die „Beseitigung unwerten Lebens“ – Mord.

Dr. med. Karl-Horst Marquart arbeitete von 1987 bis 2011 im Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Stuttgart, ist Mitbegründer der Stolperstein-Initiative und Mitglied im AK zur Erforschung der NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation.

Die KZ-Gedenkstätteninitiative freut sich auf Ihren Besuch: Sonntag, 5. März 2017, 15 Uhr. Bibliothek in der Seestraße 74 / Samariter Stift, 4. Stock, Aufzug vorhanden. Nach dem Referat ist Buchausleihe möglich


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