Sein Trauma hat Moshe Neufeld später in seiner Wahlheimat Israel mit der Malerei verarbeitet. 27 seiner Bilder wurden 2003 in einer Ausstellung in Leonberg gezeigt. Dazu schrieb Moshe Neufeld: „Die Bilder malte ich nach meinem Gefühl. Es sind Erinnerungen, die ich in mir trage, von damals bis zum heutigen Tag.“
Die Originale sind im Kibbuz in Israel
Anlässlich der Ausstellung hat der Fotograf Volger Kucher alle Bilder fotografiert. Diese sind jetzt in einem Bildband erschienen, den der langjährige Vorsitzende der KZ-Gedenkstätteninitiative Eberhard Röhm und die frühere Kulturamtsleiterin Christina Ossowski konzipiert und kommentiert haben. Dass die Bilder des 2008 verstorbenen Moshe Neufeld erst heute einer breiteren Öffentlichkeit in Form dieses Bildbandes zugänglich gemacht werden, hat einen guten Grund: Erst jetzt im Ruhestand hat Christina Ossowski die Muße für diese Arbeit gefunden. „Als Kulturamtsleiterin wäre mir dies zeitlich nicht möglich gewesen.“ Ihr Ziel ist es, mit dem Bildband Öffentlichkeit zu schaffen und Museen auf Neufeld als Maler aufmerksam zu machen. Die großformatigen Bilder befinden sich heute bei Moshe Neufelds Tochter im Kibbuz in Israel.
Ein zentrales Thema der Malerei ist der Verlust des zwei Jahre jüngeren Bruders, der mit ihm nach Auschwitz kam und dort ermordet wurde. Die beiden Brüder haben zwei aufeinander folgende Häftlingsnummern. Mit dem Bild ‚Mein Bruder‘ setzt er ihm ein Denkmal. Sinngebend ist die blutrote Grundfarbe des Bildes, angedeutet sind Elektrozäune, Baracken, ein Wachturm und im Mittelpunkt das verfremdete Gesicht eines abgemagerten Menschen. Das Bild signierte Moshe Neufeld mit der Häftlingsnummer seines Bruders A.12825. Alle anderen Auschwitz-Bilder hat er mit seiner eigenen KZ-Nummer, der A.12826, signiert und mit dem gelb-roten Stern, der damaligen Kennzeichnung für Juden als politische Häftlinge.
Glutrote Wolken
Das Bild „Auschwitz-Birkenau“ ist ein Sinnbild für die Ankunft der Familie im Konzentrationslager. Schwarze und glutrote Wolken lodern über den Schornsteinen der Verbrennungsöfen, ein schier endloser Zug von gesichtslosen Menschen strömt durch das Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei!
Doch auch das endlose Warten, möglicherweise Warten auf den Tod, fasst Neufeld in ein Bild. Es gibt den Blick frei in eine der Baracken, einige Häftlinge liegen, einer sitzt. Durch das Fenster im Hintergrund sind die Verbrennungsöfen zu sehen.
Zur Buchvorstellung sind die Söhne Zwie und Oded Neufeld eigens aus Israel angereist. Ihnen ist es wichtig, mehr darüber zu erfahren, was der Vater in diesen Jahren erlebt und erlitten hat. „Denn er selbst hat nie viel darüber erzählt, er hat überhaupt nie viel gesprochen. Erst als er älter wurde, begann er zu sprechen“, berichtet Oded Neufeld. „Seine Bilder spiegeln seine gequälte Seele wider. Das weiß ich heute.“
Das Buch kann für 15 Euro auch beim Shop im Erdgeschoss des Neuen Rathauses erworben werden.