Digitale Schnitzeljagd bringt Geschichte nahe

von Claudia Maria Rostek
Leonberg – Die KZ-Gedenkstätteninitiative beschreitet neue Wege, um junge Menschen für sich zu gewinnen. Beim „Geocaching“ werden die Teilnehmer per Handy zum Erinnerungsort gelotst. Das ist eine Alternative zur klassischen Führung durch den Verein.
Leonberger Kreiszeitung, 22. Oktober 2013

Geschichtsvermittlung ist dröge und langweilig? Denkste! Draußen in der Natur und als moderne GPS-Schnitzeljagd konzipiert, kann sie einen spannenden Einstieg in historische Themen bieten. Dieser Idee sind auch die Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg gefolgt. Mit der Landeszentrale für politische Bildung haben sie entlang des „Wegs der Erinnerung“ sogenannte „Caches“ gelegt, das sind Hinweispunkte mit Informationen in einer Schachtel.

Per „Geocaching“, einer Art digitaler Schnitzeljagd, können Interessierte die Geschichte des Konzentrationslagers erfahren. Geocaching ist gerade bei jüngeren Menschen sehr beliebt. Alles, was man braucht, ist ein GPS-fähiges Smartphone. In dieses gibt man GPS-Koordinaten ein und lässt sich anschließend zum gesuchten Ort lotsen. Dort wartet versteckt ein Behälter, der „Cache“, der neue GPS-Daten bereithält. Durch die neuen Informationen gelangt man schließlich zur nächsten Station. Dies wiederholt sich so lange, bis die Zielstation erreicht ist.

Solche Caches finden sich nun auch rund um den „Weg der Erinnerung“ in Leonberg. Die Idee dazu kam von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. „Natürlich haben sich einige von uns erst einmal gefragt, ob das etwas für uns ist. Aber wir müssen auch auf der Höhe der Zeit bleiben“, erklärt Marei Drassdo, die Vorsitzende des Vereins.

Auch für den Verein ist das Neuland

Mittels Geocachings hoffen Drassdo und ihre Mitstreiter, verstärkt Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen, und sie so auf die Geschichte des ehemaligen Leonberger Konzentrationslagers aufmerksam zu machen. Einen Ersatz für klassische Führungen entlang des „Wegs der Erinnerung“ sehen sie in der GPS-Schnitzeljagd jedoch nicht. „Es ist ein Zusatzangebot.

Man erhält einen groben Überblick über den Weg der Erinnerung“, so Drassdo. Wie aber gelingt es, ein so sensibles Thema wie das der Geschichte eines Konzentrationslagers durch das moderne, eher spielerische Geocaching zu transportieren? Die Mitarbeiter der Gedenkstätte setzen dabei vor allem auf den didaktischen Aspekt der GPS-Route. Nicht nur führt die Strecke an zahlreichen Informationstafeln vorbei, die Auskunft über den Alltag und das Leid rund um das Konzentrationslager geben – in den Caches finden sich auch folierte Zettel, die weiteres Infomaterial bereithalten. Beispielsweise tragen die Zettel QR-Codes, die auf die Internetseite der Gedenkstätte verlinken sowie auf einen Film, den Schüler des Johannes-Kepler-Gymnasiums in Weil der Stadt über das ehemalige Konzentrationslager gedreht haben.

Ferner ist die Geschichtsvermittlung in die Suche nach den GPS-Daten fest eingebunden. Auf den Zettel der Caches stehen die Koordinaten für die nächste Station nur unvollständig, in der Regel fehlt eine Zahl. Die fehlende Ziffer lässt sich herausfinden, indem eine Aufgabe gelöst wird.

Spannende Rätsel sind zu lösen

Beispielsweise gilt es an einer Station den Namen eines Orts herauszufinden, an dem zu Zeiten des Nationalsozialismus Häftlinge abgeschoben wurden. Die Buchstabenanzahl des gesuchten Ortes ist die fehlende Zahl in der Koordinatenangabe. Insgesamt gibt es elf Stationen. Im Cache der letzten Station befindet sich das sogenannte Logbuch, in das man seinen Namen eintragen kann.

Die Geocaching-Route entlang des „Wegs der Erinnerung“ lässt sich sowohl auf eigene Faust erkunden als auch begleitet durch einen Mitarbeiter der Gedenkstätte. Und wo ist das Ziel des Geocachings? Das wird natürlich nicht verraten. Aber man erfährt dort einiges Neues über das KZ und die Geschichte der Stadt. Die digitale Schatzsuche lohnt sich also.

Info Interessierte Schulklassen oder Jugendgruppen können dazu einen Termin vereinbaren, per Mail an info@kz-gedenkstaette-leonberg.de. Die Startkoordinate der Cache-Route lautet N 48° 48.019’ E 009° 01.043’.

Infos zu Geocaching

Der erste Cache Im Jahr 2000 hat Dave Ulmer bei der Stadt Portland in Oregon (USA) einen schwarzen Plastikeimer vergraben, in dem er CDs, eine Videokassette, Geldscheine, ein Buch, eine Steinschleuder und eine Konservenbüchse mit Bohnen hinterlegt hat. Er wurde von Mike Teague gefunden, der auf einer Website alle neuen Geocaches dokumentiert hat.

Verbreitung und Entwicklung Das Wort „Geo-caching“ wurde am 30. Mai 2000 zum ersten Mal verwandt. Jeremy Irish hat auf der Seite geocaching.com schließlich alle Aktivitäten gebündelt. Inzwischen gibt es weltweit rund zwei Millionen Caches, davon 280000 in Deutschland. Der erste wurdeam 2. Oktober 3000 bei Berlin versteckt. In Deutschland gibt es inzwischen rund 25000 Geo-Cacher. Eine Hochburg sind die skandinavischen Länder.


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