Einen guten Freund verloren
Der ehemalige Gestapo-Häftling Piet Schultz aus Holland ist tot
Leonberger Kreiszeitung, 7. Mai 2014
Piet Schultz ist im Alter von 91 Jahren in Den Haag gestorben. „Wir haben einen liebenswerten guten Freund verloren", sagt Eberhard Röhm, von der KZ- Gedenkstätteninitiative Leonberg.
Die erste Begegnung mit Schultz und seiner Frau war durch eine Einladung der Stadt im Februar 2000 zustande gekommen. Nach 55 Jahren wagte er es, nochmals Leonberg zu besuchen. „Die Frage, ob es vernünftig ist, die Konfrontation mit Leonberg anzugehen, hat mich nach der Einladung intensiv beschäftigt.
Es wird unvermeidlich sein, dass ich in vielerlei Hinsicht Ereignisse wieder erlebe, von denen ich glaubte, sie wären definitiv aus meinem Gedächtnis verschwunden", hatte der langjährige Chef der Polizei von Den Haag noch im November 1999 geschrieben.
Piet Schultz gehörte zu den Tausenden von Holländern, die von der Gestapo verhaftet und nach Nazi-Deutschland zum Arbeitseinsatz verschleppt wurden. Schultz war während seiner Ausbildung als höherer Polizeioffizier 1943 aus politischen Gründen entlassen worden.
Er hatte sich geweigert, an der Verhaftupg von Juden durch die niederländische Polizei teilzunehmen. Die Gedenkstätteninitiative wurde auf Schultz aufmerksam gemacht, und zwar vom Gerlinger Bauunternehmer Richard Weidle. In dessen väterlichem Baubetrieb war Schultz als Zwangsarbeiter eingesetzt worden.
Vom 1. Juli 1944 bis 3. April 1945, dem Tag seiner Flucht, war er eingesperrt in der „Kaserne", in der Rutesheimer Straße und dort den Schikanen des Leonberger Polizeileutnants Hieber ausgesetzt Als Zwangsarbeiter wurde Schultz beim Ausbau des Engelbergtunnels und beim Bau eines Luftschutzstollens für das Krankenhaus unter der Altstadtmauer eingesetzt. Leuchtend blieb ihm in Erinnerung, dass sein Zwangsarbeitgeber, der Bauunternehmer Weidle, ihm und einem anderen Holländer nach deren Flucht bis zur Befreiung durch die Franzosen in seinem Haus in Gerlingen Unterschlupf bot und den beiden so das Leben rettete.
"Wir gedenken seiner in großer Hochachtung und danken Piet Schultz für eine tiefe Freundschaft", schreibt Eberhard Röhm in einem Nachruf.