Erinnern an ein dunkles Kapitel der Geschichte
von Monica Mather
Leonberger Kreiszeitung, 30. April 2003
LEONBERG - Sie sind mit Engagement bei der Sache: 25 Schülerinnen und Schüler vom Fach Ethik am Beruflichen Gymnasium. Ihr Engagement geht auf eine Idee der Arbeitsgruppe Gestaltung der Gedenkstätteninitiative zurück, die den Bau eines Modells von Lager und Produktionsstätte des KZ Leonberg angeregt hatte.
Information hieß der erste Schritt für die 17-Jährigen, und die holten sie sich zusammen mit weiteren 35 Schülern bei einer Führung auf dem "Weg der Erinnerung" durch Eberhard Schmalzried und Renate Stäbler. Überrascht und bewegt hat sie diese Führung, und sie stellten sich die Frage: Warum macht man so etwas? Die wenigsten haben gewusst, dass es in Leonberg ein Konzentrationslager gab. Das ist in der Nähe passiert, "echt um die Ecke", formuliert es ein Schüler. Die Betroffenheit lässt sie aktiv werden, und Ethiklehrer Ragen Bayer versteht es außerdem, die jungen Leute zu motivieren. Dass sie sich der Sache mit großem Ernst angenommen haben, kann an jedem einzelnen Schritt nachvollzogen werden.
"Welche Rechte haben alle Menschen", und "warum sind Menschen gewalttätig", waren die Themen im Lehrplan. Für die Themenbearbeitung sind mehrere Stufen vorgesehen: Diskussion, Besichtigung, Literaturarbeit, schließlich Modellbau und Präsentation. Bei den Recherchen haben die Schülerinnen und Schüler nicht nur auf das Buch "Konzentrationslager und Zwangsarbeit in Leonberg" zurückgegriffen, sie haben sich in Fleißarbeit auch Bilder von Reichsarbeitsdienst-Baracken aus Dachau besorgt, Literatur aus der Landesbibliothek, Fotomaterial aus Frankreich. Auch beim Leonberger Stadtplanungsamt wurden die eifrigen Schüler vorstellig: Ein Plan vom Gelände, damit alles maßstabsgerecht umgesetzt werden kann, war ihr Wunsch - der natürlich erfüllt wurde. Die Voraussetzungen für den Modellbau sind damit geschaffen.
Übrigens gab es bereits ein Modell des Geländes, ebenfalls von Schülern gebaut. Es war bis 1998 im damaligen Stadtmuseum zu sehen, aber es entsprach nicht voll der tatsächlichen Gelände- und Bebauungssituation. Dies, darauf bestehen die Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums der Klassen Technik und Wirtschaft, wird man ihrem Modell nicht nachsagen können. Ein Modell, das gebaut werden muss, damit so etwas nie wieder geschieht, betonen sie. Seinen Platz soll es auf der "Ebene der Erinnerung" der Gedenkstätte im Tunnel erhalten, die im April 2005 anlässlich des 60. Jahrestages der Auflösung des Lagers eingeweiht werden soll.
Jetzt nach den Osterferien wird es konkret, die Recherchen sind dann abgeschlossen, es geht an den Modellbau, sagt Ragen Bayer. Glück für ihn und seine engagierten Schülerinnen und Schüler: Im Beruflichen Schulzentrum sind auch die Landesfachklassen Gipser und Stuckateure, die sollen mit ins Boot geholt werden. Techniklehrer Helmut Cottogni hat Hilfe signalisiert. Mit von der Partie sind auch die Fachlehrer Manfred Pauschinger und Jörg Laidig.
Es wartet noch viel Arbeit auf die zehn Schülerinnen und 15 Schüler, aber sie sind fest überzeugt, dass sie es schaffen. Es sei wichtig, denn viele wollten nichts mehr wissen über diese dunklen Seiten der deutschen Geschichte, sagt eine Schülerin. Sie hat vor dem Projekt nicht nur das Tagebuch der Anne Frank gelesen, sondern sich auch aus anderen Büchern informiert. Und ein Schüler ergänzt: "Man sollte nicht wegsehen und wie viele sagen, das war Vergangenheit, sondern daraus lernen. Wir lernen auch selbst dadurch."