Leonbergers Schüler wird KZ-Zeit erklärt
von Ulrich Hanselmann
Gedenkstätteninitiative eröffnet Unterrichtsraum am Standort des Lagers
Stuttgarter Nachrichten, 15. März 2008
Leonberg - Die vor neun Jahren gegründete KZ-Gedenkstätteninitiative will verstärkt Schüler mit dem dunklen Kapitel in Leonbergs Geschichte vertraut machen. Am Freitag hat der Verein ein dafür geeignetes Zimmer am Standort des Lagers eröffnet.
Im Samariterstift an der Seestraße werden heute alte Menschen betreut. 1944/45 befand sich an der Stelle ein Lager für Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge. Der Vereinsraum ist im vierten Stock des Seniorenheims. Er ist nicht besonders groß und das Dach ist schräg, doch Eberhard Röhm ist froh, ihn zu haben. „Hier können wir in Zukunft Schülergruppen versammeln und informieren", so der Vorsitzende der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg. Und: „Wir haben jetzt ganz neue Möglichkeiten, die andere Gedenkstätten schon lange haben."
In Vitrinen sind unter anderem Werkzeuge und Kleidungsstücke wie Schuhe und ein gestreifter Häftlingskittel samt Kappe von damals zu sehen. Es gibt Schautafeln - und eine Leinwand. „Wir machen Filmvorführungen für Schüler", sagt Röhm. Etwa 20 Zuschauer finden in dem Zimmer Platz. Der Verein will jungen Menschen auch in Einzelgesprächen bei Referaten oder Seminararbeiten behilflich sein.
Dabei kann auf die Bibliothek der Initiative zurückgegriffen werden, die gerade um eine Broschüre reicher wurde. Renate Stäbler, die stellvertretende Vorsitzende, und Monica Mather haben „den Umgang der Leonberger mit dem KZ nach 1945" recherchiert. Haupttitel des am Freitag vorgestellten Werks: „Schwierigkeiten des Erinnerns"
Die Zeit des. Verdrängens und der „Schlussstrich-Mentalität" (Stäbler) beendete der Leonberger Jürgen Klingel, der während seines Pädagogikstudiums die Geschichte des Leonberger Konzentrationslagers erforschte und 1978 veröffentlichte. Die erste Aufarbeitungswelle verebbte aber nach einigen Jahren.
Mit der Initiative, die derzeit an der Einrichtung einer Gedenkstätte am Südportal des alten Engelbergtunnels arbeitet, begann dann die zweite Phase. Im Tunnel haben mehrere Tausend Zwangsarbeiter und Häftlinge Tragflächen für Kampfflugzeuge hergestellt. Nachweislich verloren dabei 398 Menschen ihr Leben.
Der neue Vereinsraum im Samariterstift kann an diesem Samstag von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden. Die Broschüre ist für zwei Euro bei der Initiative erhältlich.