Die Erinnerung an die NS-Verbrechen ist entscheidend für den Schutz unserer Demokratie. Die Arbeit von Gedenkstätten und die fortlaufende Forschung sind daher unerlässlich, kommentiert Autorin Chiara Sterk.
LkZ-Serie über das KZ Leonberg, Teil 8: Kommentar

„Nie wieder!“ darf nicht zur Floskel verkommen. An die Verbrechen der NS-Zeit, auch an die im Außenlager in Leonberg, muss weiter erinnert werden – gerade jetzt, da es immer weniger Zeitzeugen gibt. Ihre Geschichten müssen dokumentiert und weitergegeben werden. Bildungsprojekte wie die Gedenkstätte Leonberg sind dafür essenziell und leisten wertvolle Arbeit.
Wissen war schon immer Macht – nie war das offensichtlicher als heute. Parteien wie die in Teilen rechtsextreme AfD gewinnen zunehmend an Stimmen, gerade auch unter jungen Wählerinnen und Wählern. Das zeigt, dass Erinnerungskultur aktiv gefördert werden muss. Jede Generation muss sich immer wieder mit der Vergangenheit auseinandersetzen, um daraus ihre Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Jugend muss aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft ziehen
Doch Erinnerungskultur stößt zunehmend auf Widerstand. Die AfD relativiert nicht nur den Holocaust, wie man an Alexander Gaulands Verharmlosung als „Vogelschiss“ der Geschichte sieht. Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel nannte in einem Gespräch mit dem US-Amerikaner Elon Musk den Nationalsozialisten Adolf Hitler jüngst einen Linken – und beging damit nicht nur Geschichtsrevisionismus, sondern auch Desinformation und lud kurzerhand Schuld beim politischen Gegner ab.
Auch Gedenkstätten selbst sehen sich zunehmend rechtsextremer Bedrohung ausgesetzt. Zuletzt skandierten vergangenen Sommer Schüler aus Bielefeld in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen rassistische Parolen. In Thüringen war es die Weimarer Stadtratsfraktion der AfD, die bereits 2021 offen versuchte, die Auseinandersetzung mit historischen Fakten zu verhindern, indem sie die KZ-Gedenkstätte Buchenwald diskreditierte. Die Kommunalpolitiker hatten damals illegalerweise Plakate mit der Aufschrift „Mut zur Wahrheit“ aufgehängt – die so verstanden werden konnten, als verbreite die Gedenkstätte historische Unwahrheit.
Schüler skandierten rassistische Parolen
Gleichzeitig zeigt sich unter anderem an den Reaktionen einer Ludwigsburger Schulklasse, die unsere Zeitung jüngst bei einem Besuch im KZ-Außenlager Leonberg begleitet hat, dass Erinnerungsarbeit bei jungen Menschen Wirkung zeigt: Junge Menschen, die sich intensiv mit den NS-Gräueln befassen, erkennen die Gefahren rechtsextremer Politik und setzen sich kritisch mit Ideologien auseinander, die unsere demokratischen Werte infrage stellen.
Erinnerung ist daher nicht nur Vergangenheitsbewältigung, sondern auch ein wichtiger Schutzschild gegen heutige und zukünftige Bedrohungen unserer Demokratie. Sie verlangt aktives Erzählen, Forschen und Aufklären. „Nie wieder!“ darf nicht nur eine Floskel bleiben – es muss ein Versprechen sein.