Namen erinnern an das Grauen
von Barbara Radtke
Leonberger Kreiszeitung, 11. Juni 2004
LEONBERG - Von allen Demütigungen, die Riccardo Goruppi in den Konzentrationslagern der Nazis erfahren hat, war die schlimmste, auf eine Nummer reduziert worden zu sein. Die KZ-Gedenkstätteninitiative gibt all den in Leonberg Geschundenen symbolisch ihre Namen zurück.
Der 77-Jährige ließ es sich nicht nehmen, bei der Vorstellung des neuen Modells für die KZ-Gedenkstätte beim alten Engelbergtunnel dabei zu sein. Die vom Tübinger Künstler Johannes Kares geplante Namenswand ist ganz im Sinne von Goruppi, der immer bereit ist, der jungen Generation über den schrecklichsten Abschnitt seines Lebens zu berichten. So hat er seinen Besuch in Leonberg auch mit einer Fahrt nach Weil der Stadt verbunden, um dort mit Schülern des Johannes-Kepler-Gymnasiums einen über ihn gedrehten Film anzuschauen.
Der ehemalige Häftling hatte sich im vergangenen Jahr mit seiner Familie auf den Weg gemacht, um dieser einmal alle Stationen seines Leidens vor Augen zu führen. Dabei waren sie von einem italienischen Kamerateam begleitet worden. Goruppi, der der slowenischen Minderheit in Italien angehört, hatte sich in Triest dem Widerstand angeschlossen. Zum Verhängnis wurde ihm aber ein kurzer einem Arbeitskameraden auf Slowenisch zugerufener Satz: "Mach schneller!''
Die italienischen Faschisten hatten es untersagt, slowenisch zu reden. Von Triest aus wurde Goruppi über Dachau nach Leonberg weiter nach Kaufering verschickt. Sein ebenfalls inhaftierter Vater starb im Leonberger Lager und wurde in einem Massengrab beerdigt. Die Namen der beiden Goruppis werden mit rund 2700 weiteren Namen von ehemaligen KZ-Häftlingen ab Frühjahr 2005 eine Namenswand vor dem alten Engelbergtunnel zieren. Aus Stahlplatten gefertigt, wird sie entlang der Stützmauer errichtet. Die Namen werden in die 26 Meter breite und drei Meter hohe Wand mit Lasertechnik eingearbeitet.
Der Vorsitzende der KZ-Gedenkstätten-initiative, Dr. Eberhard Röhm, und der Künstler Johannes Kares haben bei der Mitgliederversammlung am Mittwoch den mit 50 000 Euro dotierten Vertrag unterzeichnet. Jetzt steht nur noch der "Gestattungsvertrag'' mit der Stadt Leonberg aus.
Berichtigung:
- Der Film wurde gedreht und gezeigt nicht im Johann-Kepler-Gymnasium Weil der Stadt, sondern im Johannes-Kepler-Gymnasium Leonberg
- Der Vertrag mit dem Künstler Johannes Kares beläuft sich nicht auf 50.000 Euro. Dieser Betrag sind vielmehr die Gesamtkosten für die Errichtung der aus Stahl bestehenden Namenswand.