OB Schuler hofft auf friedlichen Freitag

Leonberger Kreiszeitung, 27. Januar 2012

Am Rande der Sitzung des Sozial- und Kultusausschusses hat sich Oberbürgermeister Bernhard Schuler am Mittwochabend nochmals zu den befürchteten Krawallen zwischen Antifaschisten und Rechtsradikalen geäußert. „Es ist ein Thema der öffentlichen Sicherheit", so der Rathauschef, „und in der Verwaltung sind wir bei diesem Thema absolut einer Meinung".

Denn in diesem Jahr schob die Stadt den Absichten der KZ-Gedenkstätteninitiative einen Riegel vor. Sie hatte geplant, wie in den Jahren zuvor am heutigen Holocaust-Gedenktag einen Vortrag im Stadtmuseum zu veranstalten. Offenbar war die Stadt mit der Wahl des Referenten, Journalist Robert Andreasch, nicht einverstanden.

Schuler weiter: „Die Antifa, die auch auf wehrlose Leute eingeschlagen hat und sich damit brüstet, wird nicht kritisiert. Die Rechten werden nicht kritisiert. Die Stadt dafür schon." Er hoffe, dass sich alle Befürchtungen, die man für den heutigen Tag habe, nicht erfüllen werden.

Am Abend um 19 Uhr spricht Andreasch nun im Blumhardt-Saal der Blosenbergkirche (Schleiermacherstraße 19). Im Stadtmuseum (Pfarrstraße l) wird um 19.30 Uhr der Film „Das Brandopfer" gezeigt.

Zu diesen Verlautbarungen des Oberbürgermeister nahm Eberhard Röhm in seiner Begrüßung der etwa 150 Gäste des Andreasch-Vortrags im restlos überfüllten Blumhardsaal der Blosenbergkirche am Abend wie folgt Stellung:

Liebe Gäste aus nah und fern,

ich begrüße Sie als erster Vorsitzender der KZ-Ini ganz herzlich. Insbesondere bedanke ich mich bei meiner Kirchengemeinde, dem Kirchengemeinderat der Blosenbergkirche und Frau Pfarrerin Stamer, dass wir heute hier an diesem historischen Ort Gast sein dürfen.

Ehe ich die Leitung des heutigen Abends der stellvertretenden Vorsitzenden, Marei Drassdo, übergebe – sie wird auch den Referenten des heutigen Abends gebührend begrüßen – erlauben Sie mir zwei persönliche Erklärungen:

1. Die Entscheidung, Herrn Andreasch als Referenten für heute Abend zu einem Vortrag einzuladen, fiel durch den Vorstand in einer Zeit, als ich im Krankenhaus lag und eine schwere Herzoperation zu überstehen hatte, sodass ich nicht daran mitwirken konnte. Bei dem späteren Beschluss des Vorstands, der Bitte der Stadt Leonberg nicht zu entsprechen und den Referenten nicht wieder auszuladen, war ich freilich anwesend. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst. Da gibt es keine Meinungsverschiedenheiten zwischen mir, der stellvertretenden Vorsitzenden, die mich während meiner Krankheitsabwesenheit vertreten hat, und den übrigen Vorstandsmitgliedern.

2. Die Leonberger Kreiszeitung hat heute früh noch einmal eine Erklärung von Oberbürgermeister Bernhard Schuler veröffentlicht, bei der es mir die Sprache verschlug. Wenn Herr Schuler und Sie Herr Vonderheid – ich begrüße Sie als Vertreter der Stadt auch herzlich - durch die jetzige Veranstaltung die Sicherheit in der Stadt gefährdet sehen, ist das Ihre Verantwortung. Selbstverständlich. Wir, der gesamte Vorstand der KZ-Gedenkstätteninitiative, glaubten freilich – wie Sie ja wissen -, anders handeln zu müssen, abgesehen davon, dass wir die Sicherheitslage und die Rechtslage anders eingeschätzt haben.

Für mich absolut unverständlich sind freilich die sonstigen Äußerungen von Herrn Schuler. Er macht uns zum Vorwurf, dass wir einerseits zwar die Stadt kritisieren, aber andererseits nicht in gleicher Weise die gewaltbereiten Linken wie die gewaltbereiten Rechten, die aufeinander einschlagen ebenso kritisieren und uns von ihnen distanzieren. Was soll das? Herr Schuler und die ganze Stadt kennen mich gut genug. Es gibt eine ganze Generation von Abiturienten in Leonberg, die einmal meine Schüler waren und bezeugen können, dass ich – ich will mich mal in dieser Weise überhöhen - ein „Apostel gewaltfreien Handelns“ für sie war. Aus diesem Geist heraus haben die Aktiven der KZ-Gedenkstätteninitiative die KZ-Geschichte erforscht und suchen bei jeder Führung den Ungeist menschenverachtenden, gewaltsamen Handelns Jugendlichen als abschreckendes Beispiel vor Augen zu führen. Einen solchen Schuh – wie das Herr Schuler versucht hat - lassen wir uns deswegen nicht anziehen. Mit der Unterstellung, dass wir, ausgerechnet wir, uns nicht deutlich genug von gewaltsamen Lösungen distanzieren würden – und „Gewalt billigend in Kauf nehmen“ würden, wie eine andere Zeitung schrieb -, kommt auch ein OB nicht durch.

Ich wünsche mir, dass diese Art Schlagabtausch zu Ende ist und wir im nächsten Jahr wieder eine gemeinsame Veranstaltung zustande bringen.


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