Rundbrief KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg Dezember 2013

Liebe Mitglieder der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg,
Liebe Freundinnen und Freunde,

auch in dem nun bald zu Ende gehenden Jahr kann unsere Gedenkstätteninitiative mit Stolz auf die geleistete Erinnerungs-Arbeit zurück blicken. Den Höhepunkt stellte zweifellos das vierzehntägige Jugendcamp dar, in dessen Verlauf zahlreiche Schülerinnen und Schüler die neu in Erfahrung gebrachten Namen von über 1000 ehemaligen Leonberger KZ-Häftlingen in Stahlplatten schlugen und sie anschließend in das “Haus der 1000 Namen” - gestaltet von dem Künstler Johannes Kares - einbrachten. Darüber und über die weiteren Aktivitäten 2013 wird der Vorstand anlässlich der Jahres-Mitgliederversammlung berichten. Bitte merken Sie sich heute schon als Termin dafür

Donnerstag, 20. Februar 2014, 19 Uhr

vor.
Sicher interessiert aber keineswegs nur das, was wir als die von Ihnen gewählten Vorstandsmitglieder im abgelaufenen Jahr auf den Weg gebracht haben. Noch wichtiger erscheint es uns, Sie über unsere Vorhaben für 2014 zu informieren. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass der eine oder die andere von Ihnen, Interesse an diesem oder jenem Projekt haben und sich zur Mitarbeit entschließen könnte. Denn, ehrlich gesagt, der Kreis der Aktiven ist nicht größer geworden in den letzten Jahren, obwohl wir doch einige neue Mitglieder gewinnen konnten.


Geplante Projekte für 2014

Das Hauptereignis in 2014 wird die 70. Wiederkehr des Tages der KZ-Gründung am 10. April sein. Es war nämlich der 10. April 1944, an dem der erste Häftlingstransport in Leonberg eintraf und das verhängnisvolle Geschehen seinen Verlauf nahm. Zu diesem Termin werden wir zusammen mit Vertretern der christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde eine Gedenkfeier gestalten. Speziell für jüngere Menschen wollen wir dann am 10. Mai den Gedenktag noch musikalisch begehen, evtl. mit Esther Bejarano oder anderen, mit unserer Idee verbundenen Musikern und Musikerinnen. Wer sich bei den Veranstaltungen helfend mit einbringen möchte, ist uns herzlich willkommen.

Das gilt auch für ein weiteres Projekt: wir wollen für junge Leute eine Graphic Novel ("anspruchsvolles Comic") über die Geschichte des KZ Leonberg herstellen lassen und sind im Gespräch mit zwei jungen Männern, die als Autor und Zeichner Erfahrungen mit Comics haben. Wer auch derartige Erfahrungen oder auch “nur” gute Ideen hat ist zum Mitmachen eingeladen.

Bei unseren historischen Recherchen haben wir inzwischen eine Vielzahl von Häftlingsbiografien festgehalten, jedoch in den unterschiedlichsten Medien. Sie alle sollten dringend zusammen geführt, d.h. systematisch am PC erfasst und - wo notwendig - noch ergänzt werden. Die Archivarin der Gedenkstätte Oberer Kuhberg/Ulm hat hierzu eine Häftlingsdatenbank entwickelt. Für den Sommer ist eine Fortbildungsveranstaltung zur Einführung in dieses Archivinstrument angekündigt. Es werden dringend PC-kundige, historisch interessierte Mitglieder gesucht, die sich einbringen wollen.


Weitere Termine im Jahr 2014 sind:

Montag, 27. Januar 2014, 19.00 Uhr, Stadtmuseum:
Vortrag aus Anlass des Holocaustgedenktages in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Leonberg zum Thema
„Der nationalsozialistische Völkermord an Sinti und Roma“.
Referent: Frank Reuter vom Dokumentations- und Kulturzentrum der deutschen Sinti und Roma in Heidelberg.

Samstag, 22. Februar 2014, 19.00 Uhr, Steinturnhalle:
Theateraufführung „Hinterm Berg – Gerlingen und Leonberg im Kriegswinter 1944“
ein von Schülern der Theater-AG des Robert-Bosch-Gymnasiums Gerlingen geschaffenes Stück über das KZ Leonberg.
Es wird das Theaterereignis in Leonberg im nächsten Jahr sein. Im Mittelpunkt des Stückes, das in Zusammenarbeit mit unserer Gedenkstätteninitiative entstanden ist, steht der 15-jährige KZ-Häftling Albert Montal, der heute noch in seiner Heimatstadt Charmes (Frankreich) lebt, und die Gerlinger BDM-Führerin Irene, die fest an den Endsieg glaubt.
Die Schülerinnen und Schüler werden das Stück im April 2014 in einer französischen Fassung auch in Charmes und der Gerlinger Partnerstadt Vesoul aufführen.


Liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde,

wir wollen diese beispielhafte Aufzählung von künftigen Projekten nicht beenden ohne Ihnen abschließend wieder einmal vor Augen zu führen, warum die Erinnerungsarbeit, d.h. die Mitarbeit in unsere KZ-Gedenkstätteninitiative der vielen Mühe wert ist. Lesen Sie bitte den nachstehenden Artikel der Leonberger Kreiszeitung. Dass wir nicht nur die KZ-Geschichte erforscht haben und die Erinnerung an das unselige Lager vielfältig wach halten sondern auch Opfer-Familien immer wieder durch uns eine Stätte finden, wo sie um den von den Nazis getöteten Angehörigen trauern können, ist zutiefst befriedigend.

Leonberger Kreiszeitung, 16. November 2013

Eine sehr bewegende Begegnung

Leonberg. Im Vorfeld des Volkstrauertages am morgigen Sonntag berichtet uns Irmela Richartz von einer besonderen Bekanntschaft

Es ist eine Begegnung gewesen, die man nicht mehr vergisst", schreibt uns unserer Leserin Irmela Richartz. „Kürzlich, an einem sonnigen Sonntag, machten wir - mein im Rollstuhl sitzender Mann, unser Sohn und ich - uns auf, um in einem gemütlichen Lokal am Leonberger Marktplatz einzukehren. Auf dem ruhigen Platz suchten vier Ortsfremde offenbar nach einem Touristenbüro, das sie im oder beim Alten Rathaus vermuteten.
In der Gaststätte begegneten wir ihnen wieder, wo sie am Nachbartisch Platz nahmen. Es handelte sich um Franzosen. Bei der Bestellung des Essens gab es sprachliche Hürden, sodass unser Sohn Hilfestellung leistete. Auf diese Weise kamen wir mit ihnen ins Gespräch. Ein alter Herr war mit seiner Frau, seiner Tochter und dem Schwiegersohn aus Belfort gekommen, um nach Spuren seines Vaters zu suchen. Dieser sei gegen Ende des Krieges von den Deutschen nach Dachau verschleppt, von dort nach Leonberg ins Arbeitslager gebracht worden und sei hier schließlich ums Leben gekommen.
Am Vortag hatte die Familie Dachau aufgesucht und ist dann nach Leonberg gekommen, wo ein Zufall zu unserer Begegnung führte. Es entwickelte sich ein herzliches, heiteres Gespräch, in dessen Verlauf uns die Gäste aus Belfort zu einem Glas Wein einluden.
Nach dem Essen brachen wir gemeinsam auf und gingen zum Alten Friedhof an der Seestraße, wo unser Sohn ihnen einige weitere Informationen zum „Weg der Erinnerung" geben konnte.
Während mein Mann und ich heimgingen, begleitete unser Sohn die Gäste zu der Gedenkstätte im alten Engelbergtunnel, die an diesem Sonntag geöffnet war. Vor der großen, stählernen Namenswand blieb der alte Herr stehen, suchte - und fand dort den Namen seines Vaters. Er sank wortlos in sich zusammen, unser Sohn stützte ihn. Schweigend setzten die fünf ihren Weg fort zum Mahnmal auf dem Blosenberg. Trauer, aber auch Erlösung waren im Gesicht des alten Herrn zu erkennen. Unser Sohn ging dann mit ihnen zurück und es wurde für alle ein bewegender Abschied."

Mit herzlichen Grüßen
der Vorstand der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V.
Marei Drassdo (Vorsitzende), Eberhard Röhm (stellv. Vorsitzender)
Irmtraud Klein, Holger Korsten, Manfred Pauschinger, Martin Riethmüller, Renate Stäbler


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