Rundbrief KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg September 2014
Einladung der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e. V. zum „Tag des Offenen Denkmals“, am Sonntag, 14. September 2014, 13.30 Uhr in der Bibliothek der KZ-Gedenkstätteninitiative (Samariterstift, 4. Stock)
Öffnung der KZ-Dokumentationsstätte im Alten Engelbergtunnel um 14 Uhr
Mit dem diesjährigen Motto Farbe setzt sich der Denkmaltag mit der Wahrnehmung des Objekts auseinander: neben der formalen Gestalt seine farbliche Erscheinung, die Lichtverhältnisse - und das Empfinden von Zeitgenossen und heutigen Betrachtern. Aus diesem Anlass erinnert die KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V. an „80 Jahre Engelbergtunnel“, ein Stück Stadtgeschichte:
Der Engelbergtunnel. Schwarz und Weiß
„Das war alles weiß. Weiße Wände, viel Licht. Weiß“
Oktober 2001: die beiden früheren slowenischen KZ-Häftlinge Julij Logar und Rado Svagelj sind nach Leonberg zurückgekommen. Sie stehen im Tunnel, erinnern sich und berichten, wie der Tunnel 1944 aussah.
„Ich arbeitete ausschließlich in der Nacht“
berichtete der Lothringer Michel Fouchecourt. Und: „Ich habe nie den Tag gesehen. Ich war Spezialist für die Löcher, und ich war nicht ganz 17 Jahre alt.“
Drei Männer von 5000. Hier waren sie ins KZ Leonberg deportiert worden, hier mussten sie Tragflächen des Düsenjägers Messerschmitt Me 262 produzieren. Doch lange bevor die Fa. Messerschmitt den bombensicheren Tunnel als Fabrik nutzte, begannen Planung und Bau des ersten Autobahntunnels in Deutschland.
„Vor der Hacke isses duster“.
Diese alte Weisheit aller Bergarbeiter und Tunnelbauer galt auch 1934, Fragen über Fragen: wer sollte das Innere des Engelbergs bezwingen? Nach welchem Verfahren sollte gebaut werden? Wie würde man mit Geologie und Wasservorkommen umgehen? Welche Maschinen könnten eingesetzt werden? Wo würden die Arbeiter wohnen? Wie viele eigentlich? Wie lange würde es dauern? Was darf der Tunnel kosten?
Am 5. November 1938, nach drei Jahren Bauzeit, wurde der Tunnel dem Verkehr übergeben, zusammen mit der Autobahnstrecke (Stuttgart-)Vaihingen bis Eltingen, dem Leonberger Dreieck sowie der Strecke Eltingen – Ludwigsburg. Im Gegensatz zur sonst üblichen NS-Praxis ohne Feierlichkeiten. Wegen des Kriegsbeginns ein Jahr später wurde der erste Autobahntunnel in Deutschland nicht mehr genutzt. Eine völlig andere Funktion bekam er 1944.
„Jägerproduktion … in bombensichere Räume verlegen. Einer … ist der Tunnel unter dem Engelberg“
Das schrieb Willy Messerschmitt im März 1944 an Reichsstatthalter Wilhelm Murr. Dann wurde es finster in Leonberg: Verdunkelung bei der Zivilbevölkerung und eine schwarze Zukunft für tausende KZ-Häftlinge. Wo kamen die Männer her? Wie waren sie untergebracht? Was gab es zu essen? Wo waren Toiletten? Wie lange mussten sie arbeiten? Welche Strafen drohten? Wann brachen die Seuchen aus? Wie viele starben?
All diese Fragen und noch mehr wird Holger Korsten, Vorstandsmitglied der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V., beantworten; Literatur zum Thema liegt bereit.
Kommen Sie zu einem Rundgang durch 80 Jahre Stadtgeschichte am Sonntag, 14. September um 13.30 Uhr in die Bibliothek der KZ-Gedenkstätteninitiative (Samariterstift, Seestraße 74, 4. Stock, Aufzug vorhanden).
Nach der Veranstaltung ist Gelegenheit, mit dem Referenten die Reste des Engelbergtunnels und das KZ-Dokumentationszentrum zu besuchen.
Tunnelprofil Engelbergtunnel (1934 bis heute)
Staatsarchiv Ludwigsburg
Südportale (Leonberg), Einweihung 1938
Staatsarchiv