Schüler des ASG bei der Eröffnung der KZ-Gedenkstätte

von Siegfried Kümmerle
ASG-Schulblätter 2008/2009, S. 68f

Am Sonntag, den 29.6.2008, wurde in einer Feierstunde die Dokumentationsstätte im alten Leonberger Autobahntunnel eröffnet. Für alle, die dabei waren, war es ein bewegendes Ereignis, vor allem, weil noch einige der wenigen Häftlinge, die noch am Leben sind, dabei waren. Beteiligt an der Eröffnungsfeier waren auch Schüler und Schülerinnen des ASG.

In einer szenischen Lesung sprachen Lena Brennenstuhl, Kira Nebenführ, Sabrina Laich, Konstantin Homolka und Alexander Staszewski unter der Leitung von Peter Höfer Texte, die die Hintergründe des Leonberger Konzentrationslagers beleuchteten.

In der Broschüre, die zur Eröffnung erschienen ist, sind die Fragen und Antworten der Rezitation enthalten. Sie zeigt auf dem Titelbild Schülerinnen des ASG im Gespräch mit dem ehemaligen Häftling Claude Brignon. Die Schülerinnen gehören zu der Gruppe, die vor drei Jahren die Stadt Charmes in Lothringen auf Initiative der KZ-Gedenkstätteninitiative besucht haben.

Die Schüler, die die Rezitation vorgetragen hatten, erhielten vom Gestalter der Ausstellung den Schlüssel zum Tor und öffneten so symbolisch die Gedenkstätte für die Öffentlichkeit.

Einer der ehemaligen Häftlinge besuchte am folgenden Dienstag das ASG. In einer Gesprächsrunde für Schüler der Kursstufe erzählten Leo Finkelstein und seine Frau ihr bewegendes Schicksal. Leo Finkelstein war 1923 in Radom in Polen geboren. Als er 18 Jahre alt war, wurden alle Juden Radoms in ein Ghetto in der Stadt umgesiedelt. Nach und nach wurden junge Männer in Arbeitslager außerhalb der Stadt gebracht, wo sie für die Kriegsindustrie der Nazis arbeiten mussten. Im Juli 1943 kam er nach Auschwitz. Für die Schüler war es sehr bedrückend, als er seine eintätowierte Häftlingsnummer am Arm vorzeigte.

Nach Aufenthalten in verschiedenen Konzentrationslagern kam Finkelstein schließlich im April 1945 noch nach Leonberg, konnte sich allerdings durch Krankmeldung der Arbeit im Tunnel entziehen. Befreit wurde er nach dem sogenannten Todesmarsch von US-Soldaten in der Gegend des Starnberger Sees. Nach dem Krieg ließ er sich in Stuttgart nieder, wanderte allerdings vor drei Jahren nach Israel aus, wo er in Haifa lebt. Für unsere Schüler war besonders nachdrücklich, als Leo Finkelstein unter Tränen von der Ermordung seines Bruders erzählte.

In der Woche nach der Eröffnung machte sich eine Reihe von Klassen auf den Weg der Erinnerung vom Friedhof in der Seestraße über das Samariterstift zum Tunnel. Geführt wurden sie dabei vom Vorsitzenden der KZ-Gedenkstätteninitiative, unserem ehemaligen Kollegen Dr. Eberhard Röhm. Zum Abschluss der Führungen hatte Dr. Röhm nochmals eine Begegnung mit ehemaligen Häftlingen im Samariterstift organisiert. So kam Leo Finkelstein nochmals vor Schülern der Klasse 10a zu Wort.

Zu der Klasse 10b kam Mordechai Nojovits, der mit seinem Enkel aus Israel zur Eröffnungsfeier nach Leonberg gekommen war. Er stammt aus Siebenbürgen und musste mit seiner Familie 1944 in ein Ghetto umsiedeln. Im Mai 1944 kam er mit seiner Familie nach Auschwitz. Seine Brüder, seine Schwester und seine Mutter wurden auf der Rampe von Auschwitz ins Gas geschickt. Er selbst und eine weitere Schwester kamen zu Arbeitskommandos. Nach der Auflösung des Konzentrationslagers Auschwitz kam er im März 1945 nach Leonberg.

Er konnte von der Arbeit im Tunnel erzählen. Auch er überlebte die Evakuierung von Leonberg zum Starnberger See, wo auch er von den Amerikanern befreit wurde. Ende 1947 konnte er nach Israel auswandern. Seinen Enkel, einen Jazzpianisten, hatte er nach Leonberg mitgebracht, weil er zeigen wollte, dass seine Familie weiterlebt und „Hitler nicht gewonnen hat", wie er unseren Schülern erklärte.


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