Stern ohne Himmel
Die KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V. lädt ein zum Büchercafé am Sonntag, 2. Juni 2019, 15 Uhr im Samariterstift, Seestraße 74, 4. Stock.
Ihre Bücher waren keine Fantasien. Der Bezug zu realen Ereignissen und zu Erlebnissen, denen die Autorin selbst ausgesetzt war, ist unübersehbar: sie war Zeitzeugin und Akteurin, schrieb aus dem unmittelbar Erlebten heraus; emotional und reflektiert, immer stand sie auf der Seite der Schwachen. Sie schrieb über Obdachlose und Heimkinder, misshandelte Frauen, Zwangsarbeiterinnen und KZ-Häftlinge. Schriftsteller der „Hochkultur“ bezeichneten sie etwas herablassend als „literarische Sozialtante“, deren moralische Ansprüche so gerade und so unverstellt einfach daher kamen: noch an ihrem 90. Geburtstag im August 2015 sagte sie, ihr größter Wunsch sei eine Gesellschaft, die „nicht nur Geld und Kapital in den Vordergrund stellt, sondern vor allem die Menschen“.
Die Rede ist von Leonie Ossowski. Sie starb vor wenigen Wochen, fast blind und hochbetagt im Februar 2019. Wir wollen an Sie und das Kriegsende im Mai 1945 erinnern mit ihrem Roman
„Stern ohne Himmel“,
Es ist die Geschichte von sechs Jugendlichen, einer von ihnen ein geflohener KZ-Häftling, kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee. Der Roman erschien in der DDR und wurde „bei uns“ nicht weiter beachtet – Kalter Krieg, Lügen aus dem Osten und so. Leonie Ossowski schrieb in noch frischem, wütendem Erinnern, wie sehr Heranwachsende - aufgewachsen in einer Umgebung, in der man zu hassen lehrte, dann hasste und schließlich zerstörte und starb – durch Nationalsozialismus und Krieg geformt werden. Wie sie aber auch eine eigene, davon unberührte Welt schaffen, in der alle dasselbe Naheliegende umtreibt: „Wo gibt es was zu Essen, wo verstecken wir uns, wo finden wir ein Zuhause?“
Wie sinnlich und glaubhaft Leonie Ossowski diese Geschichte erzählt, erfahren Sie im „BücherCafé“, zu dem die KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e. V. einlädt: Sonntag, 2. Juni um 15 Uhr in der Bibliothek der Initiative, Samariterstift, Seestraße 74, 4. Stock. Sie werden selbst spüren, wie die Autorin Irrlehren demaskiert und wie anschaulich sie über die Lügen, Ängste, Verdrängungen der Davongekommenen schreibt - ohne den Unterton der Selbstrechtfertigung.
Aus dem Bestand der Bibliothek stehen weitere Bücher von Leonie Ossowski zur Ausleihe bereit, auch ihre berühmte Schlesien-Trilogie „Weichselkirschen“, „Wolfsbeeren“ und „Holunderzeit“. Prämiert mit dem staatlichen Orden „Verdiente der polnischen Kultur“ zeigen diese Romane der 1925 als Jolanthe von Brandenstein in Schlesien geborenen Gutsbesitzer-Tochter Leonie Ossowskis Haltung und handwerkliche Zielsetzung: Mit ihren Texten habe sie immer etwas bewegen wollen. Und „Sie sollten spannend sein, aber - etwas altmodisch ausgedrückt - auch aufklärerisch.“
Die Bibliotheksgruppe der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg freut sich auf Ihren Besuch!