"Tunnel ist eine unverzichtbare Gedenkeinrichtung"
von Arnold Einholz
Leonberger Kreiszeitung, 14. Mai 2002
LEONBERG - "Die KZ-Gedenkstätteninitiative beschäftigt sich inzwischen intensiv mit einer sinnvollen Ausgestaltung des Inneren der noch erhalten gebliebenen Röhre des alten Engelbergtunnels'', betont Eberhard Röhm, Vorsitzender der Initiative.
"Dieser Raum ist längst - wie wir regelmäßig bei den seit zwei Jahren stattfindenden Führungen, insbesondere mit Schülern, erleben - zu einer unverzichtbaren Gedenkeinrichtung geworden'', ist Röhm überzeugt. Dies vor dem Hintergrund, dass jüngst die Leonberger Baubürgermeisterin Inge Horn deutlich machte, dass es "einer Grundsatzentscheidung bedürfe, ob die Stadt noch eine Gedenkeinrichtung will.'' Weil auch die Firmen DaimlerChrysler und Bosch den Tunnel befristet als Versuchsstand für Lichttests nutzen wollen, kann sich Inge Horn aber auch ein Miteinander der beiden Vorhaben vorstellen (wir berichteten).
Aus Sicht der KZ-Gedenkstätteninitiative ist der alte Engelbergtunnel als einziger noch erhalten gebliebener authentischer Ort des KZ-Leonberg von "unaufgebbarer Bedeutung''.
Deshalb sollte er als zentraler Erinnerungsort für den gesamten Kreis Böblingen zugänglich bleiben. Für die ehemaligen Häftlinge sei es der Wiedererinnerungsort in Leonberg schlechthin, bestätigt auch die stellvertretende Vorsitzende der Gedenkstätteninitiative, Renate Stäbler. An diesem Ort kreuzen sich für die Opfer des Dritten Reiches die Linien Einsatz in der Rüstungsproduktion und Häftlingselend. "Bei den bisherigen Führungen auf dem "Weg der Erinnerung'' hat sich gezeigt, dass es keinen geeigneteren Ort gibt, um die von uns erzählte Geschichte auch emotional erfahrbar werden zu lassen'', so Renate Stäbler, die in diesem Jahr zum ersten Mal in der Reihe der sonntäglichen Stadtführungen auch drei Führungen auf dem "Weg der Erinnerung'' gestaltet.
Auch über Leonbergs Stadtgrenzen hinaus, ist der Tunnel das Symbol für das KZ. So wird im neuen Gedenkstättenführer für Baden-Württemberg die Gedenkstätte Leonberg mit dem Erkennungsbild "Engelbergtunnel'' verzeichnet sein. Nicht zuletzt bestehen über die Landeszentrale für politische Bildung Kontakte nach Frankreich, wo bis 2005 die Gedenkstätte des KZ Natzweiler, dessen Außenstelle Leonberg war, neu gestaltet wird. Auch hier wird Leonberg mit seinem Tunnel einen wichtigen Platz in der "Route de mémoire'', dem "Weg des Gedenkens'' einnehmen.
Auch im gegenwärtig größten Projekt der Gedenkstätteninitiative, einem halbstündigen Film mit Gesprächen mit ehemaligen KZ-Häftlingen, ist der Tunnel die Kulisse für viele der Interviews.
Die Gedenkstätteninitiative diskutiert zurzeit in einer Arbeitsgruppe verschiedene Möglichkeiten der weiteren Ausgestaltung des Tunnelinnern. Abgekommen ist man von dem einst vorgeschlagenen "Kulturzentrum'' und stellt sich eher eine Stätte des Gedenkens vor, in die man auch den von der Lokalen Agenda vorgeschlagenen Friedensweg einbeziehen will.
Zudem beschäftigen sich derzeit mehrere Architekturstudenten in ihren Diplomarbeiten mit dem Thema Gestaltung des Engelbergtunnels und seiner Umgebung als Gedenkstätte. Deren Gestaltungsvorschläge will man abwarten. Nichtsdestotrotz hat die Arbeitsgruppe bisher eigene Vorstellungen entwickelt. Diese sollen beim nächsten Treffen der Gedenkstätteninitiative am Dienstag, 21. Mai, um 19.30 Uhr, im Haus 8, im Leonberger Samariterstift, vorgestellt werden.