Überlebende des Holocaust erinnert sich
von Arnold Einholz
Helene Kessler ist bei der KZ-Gedenkstätteninitiative zu Gast.
Leonberger Kreiszeitung, 30. Januar 2014
Seit 1996 wird am 27. Januar der „Holocaustgedenktag" begangen. Das KZ Auschwitz, das an diesem Tag befreit worden ist, steht dabei symbolhaft für den Völkermord und die Millionen Opfer des Nazi-Regimes. Das letzte Kapitel der Barbarei waren die Todesmärsche, sie standen bisher nicht im Mittelpunkt. Mit dieser letzten Mord-Phase des Dritten Reichs be- schäftigt sich am Sonntag, 2. Februar, um 15 Uhr die Bibliothek der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg, in der Seestraße 74.
„Es waren nicht viele Menschen, die diese Barbarei überlebt haben, doch wir begegnen einer Überlebenden, unserer Warmbronner Nachbarin und Mitbürgerin Helene Kessler", sagt Holger Korsten von der Gedenkstätteninitiative. Die Warmbronnerin berichtet selbst: „Wie ich überlebte. Ein Rückblick nach 70 Jahren.
"Helene Kessler, 1921 im Mähren geboren, hat eine kleine Autobiografie geschrieben, aus der am Sonntag gelesen wird. Sie selbst spricht über ihre Jugend in Mähren, die Auswirkungen des Münchner Abkommens, die Judenverfolgungen, von ihrer frühen Heirat, den Transporten, der Ermordung der Eltern. Und wie sie als „deutscher Flüchtling" das Chaos von Todesmärschen, Flüchtlingstrecks und zurückflutenden Wehrmachtseinheiten überlebte und das Kriegsende in Prag erlebte.
Die Bibliothek der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg zeigt auch das 2011 erschienene Buch des Historikers Daniel Blatman, in dem erstmals umfassend über das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmordes berichtet wird: „Die Todesmärsche 1944/45". Interessenten können das Buch ausleihen und werden erfahren, wie die SS im Winter 1944/45 alle Konzentrationslager räumte, die Ermordeten, Kranken, Schwachen und Gefolterten zurückließen und die Arbeitsfähigen auf Todesmärsche trieb - ins „Reich"; dort sollten sie in der Rüstung weiterarbeiten.
Wer nicht mehr laufen konnte, wurde ermordet. Von den mehr als 700 000 Häftlingen, die die SS Anfang Januar 1945 registriert hatte, kamen bei diesen Märschen mindestens 250 000 Menschen ums Leben.