Verwaltung lehnt eine KZ-Gedenkstätte am alten Tunnel ab
von Arnold Einholz
Leonberger Kreiszeitung, 12. Februar 2004
LEONBERG - Die Enttäuschung bei den Mitgliedern der KZ-Gedenkstätteninitiative ist groß. Die Verwaltung hat dem Sozial- und Kultusausschuss am gestrigen Mittwoch empfohlen, den Antrag der Initiative abzulehnen, beim alten Tunnel eine KZ-Gedenkstätte zu errichten. Auch der Planungsausschuss am heutigen Donnerstag soll das Projekt ablehnen.
"Die vorgelegte Drucksache gibt erstaunlicherweise unseren Antrag an den Gemeinderat an keiner Stelle wieder", bemängelt Eberhard Röhm, der Vorsitzende der KZ-Gedenkstätteninitiative. "Wir haben die Erlaubnis beantragt, auf der Fläche vor dem Tunnel ein Denkmal in Form eines Wachturms und Tafeln mit den Namen der Häftlinge aufzustellen."
Bei der beanspruchten Fläche handelt es sich laut dem Antrag vom 12. September vergangenen Jahres um das Areal vom Tunneleingang bis zu der Einmündung des Weges von der Tunnelstraße her, nicht bis zum Brombeerweg, so Röhm.
Zu Unrecht erwecke die Drucksache für den Gemeinderat an mehreren Stellen den Anschein, dass die Initiative auch die Erlaubnis beantrage, zusätzlich das Tunnelinnere für ein Museum zu nutzen und dass die jetzt erbetene Erlaubnis zwangsläufig der erste Schritt sei, bevor die Gedenkstätteninitiative den gesamten Tunnel in Anspruch nimmt. Zudem stehe der Antrag der Gedenkstätteninitiative - anders als in der Drucksache angegeben - in keinem Zusammenhang mit der vom Bund für Naturschutz geplanten "Allee des Gedenkens" an einer anderen Stelle der alten Autobahntrasse.
Erstaunt sei man auch darüber, so Vorsitzender Röhm in einer Mitteilung der Gedenkstätteninitiative, dass Leonbergs Oberbürgermeister Bernhard Schuler in einem Schreiben vor knapp einer Woche sich mit einer Namenstafel vor dem Engelbergtunnel einverstanden erklärte und jetzt davon abweicht und das gesamte Projekt ablehnt. In einer Besprechung am 30. Januar hatte die KZ-Gedenkstätteninitiative der Stadtverwaltung angeboten, sie bei der Gestaltung der Gedenkstätte mit ins Boot zu nehmen. Im Gegenzug habe die Initiative auf weitere Projekte verzichtet.
Mit den von der Verwaltung vorgeschlagenen Alternativen kann sich die Gedenkstätteninitiative nicht anfreunden, macht Eberhard Röhm deutlich. Von einer weiteren Informationstafel vor dem Tunneleingang über die Flugzeugproduktion im Tunnel und über die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen der Häftlinge halte man nichts. Hier gebe es bereits zwei Tafeln - die Tafel 6 vom "Weg der Erinnerung" sowie eine Plexiglastafel am Tunneleingang. Diese sollen nun um die Namen der Häftlinge ergänzt werden.
Die Toten namentlich an dem Grab im Friedhof an der Seestraße zu ehren, wie die Verwaltung vorschlägt, könne nicht in Zusammenhang mit dem dort stehenden Gedenkstein geschehen, so Röhm. Dieser sei zum Gedenken an die KZ-Opfer ganz und gar unpassend, denn seine Beschriftung habe keinerlei Bezug auf das KZ, und seine konfessionelle Ausgestaltung vertrage sich nicht damit, dass unter den Häftlingen viele Juden und Nichtchristen waren. Die Gedenkstätteninitiative will deshalb vor dem Tunnel als dem authentischen Ort ihrer Zwangsarbeit die Namen aller bekannt gewordenen Häftlinge nennen.
Als weitere Alternative schlägt die Verwaltung vor, das Friedensmahnmal stärker zu berücksichtigen. "Wir werden im Jahre 2005 die Häftlinge und ihre Familien, wie auch die Bevölkerung Leonbergs, zum Gedenken des 60. Jahrestages der Befreiung der Überlebenden einladen", betont Röhm. "Die Vorstellung, dies nicht vor dem Tunnel, dem authentischen Ort, zu veranstalten, halten wir für abwegig. Die Erfahrung zeigt, dass bei solchen Begegnungstagen der erste und der letzte Gang der ehemaligen Häftlinge immer zum Tunnel führte."
"Wir benötigen jetzt grünes Licht. Die Stadt trifft keine finanzielle Belastung. Die bisherigen Spender und Sponsoren können wir aber nicht jahrelang hinhalten, während sich der Gemeinderat überlegt, wie die Autobahntrasse genutzt werden soll. Über alle Einzelheiten sind wir verhandlungs- und kompromissbereit", bringt es Vorsitzender Eberhard Röhm auf den Punkt.