Rechenschaftsbericht des Vorstands für das Jahr 2004
War das Kalenderjahr 2003 für die KZ-Gedenkstätteninitiative ein „Jahr erfüllter Träume“ mit zwei Filmpremieren, der Neufeld-Ausstellung, der Veröffentlichung einer Broschüre und dem Geschenk des Modells des KZ-Lagers durch Schülerinnen und Schüler des Berufschulzentrums, so stand das Jahr 2004 vornehmlich „im Zeichen der Bau- und Finanzierungsplanung der Namenswand-Gedenkstätte“, die am 8. Mai 2005 eingeweiht werden soll. Es war ein bewegendes Jahr, das den Vorstand und die Mitglieder in einem Maß forderte wie kein Jahr zuvor in der bisherigen Geschichte des Vereins. Abgesehen vom zentralen Thema Gedenkstätte gab es in der ersten Jahreshälfte noch vier interessante Veranstaltungen, die erwähnenswert sind, neben den über das ganze Jahr zerstreuten Führungen auf dem „Weg der Erinnerung“.
1. Als erstes sind also zu nennen die vier größeren thematischen Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2004.
- Am 25. Januar der Vortrag von Renate Stäbler zum Holocaust-Gedenktag „Über den Umgang der Leonberger mit dem Konzentrationslager nach 1945“.
- Am 27. Januar die Eröffnung der Fotoausstellung im Albert-Schweitzer-Gymnasium mit Fotos von Volger Kucher über den Besuch des Französisch-Leistungskurses des ASG von Frau Gerda Mendler in Frankreich im Juni 2003 auf Einladung der ehemaligen KZ-Häftlinge Claude Brignon, Michel Didier, Alfred Favreau, Michel Fouchécourt und Albert Montal, der federführend tätig war.
- Am 3. Februar ein zweiter Vortrag von Prof. Dr. Wolf Ritscher über die generationenübergreifenden Traumatisierungen als Folge der NS-Verbrechen bei Opfern und Tätern.
- Und am 9. Juni im Rahmen einer Mitgliederversammlung in der Pauluskirche der Evangelisch-Methodistischen Gemeinde die beeindruckende Begegnung mit der Familie Goruppi und dem italienischen Filmteam aus Anlass der Filmpremiere „La Lezione“ („Die Unterrichtsstunde“).
2. Als weitere Aktivitäten im Jahr 2004 sind zu nennen:
a) Unsere Führungen: Soweit sich erheben ließ, haben Mitglieder der Initiative im Lauf des Jahres gut zwei Dutzend oder auch mehr Gruppen und Schulklassen auf dem „Weg der Erinnerung“ begleitet.
b) Im Juni war Joachim Baur, der Mitherausgeber des Buches „KZ und Zwangsarbeit in Leonberg“, für uns eine Woche lang in den National Archives in Washington, um nach weiteren Dokumenten zur Geschichte des KZ Leonberg zu suchen. Seine Reise wurde finanziell unterstützt durch einen Zuschuss der Landeszentrale für politische Bildung. Über seine nicht geringe Ausbeute hat Eberhard Röhm exemplarisch auf der Mitgliederversammlung am 20. Oktober berichtet.
3. Es fanden vier Mitgliederversammlungen statt, die alle im Zeichen der Gedenkstättenplanung standen. Ihnen entlang lässt sich der Realisierungsprozess nachzeichnen.
- Am 13. Januar wurde durch Renate Stäbler Bilanz gezogen, wo wir nach den bisherigen Verhandlungen mit der Stadt über die bis dahin noch nicht genehmigte Gedenkstätte nach den Plänen von Johannes Kares standen: nämlich das Modell einer Gedenkstätte bestehend aus zwei Modulen (Namenswand und Turm). Kostenschätzung: 106.000 EURO (Antrag an Landesstiftung v. 3.10.2003).
- Nachdem am 17. Februar der Gemeinderat für die Errichtung einer Namenswand, allerdings ohne Turm, grünes Licht gegeben hatte, beschloss am 17. März die Mitgliederversammlung, die reduzierte Lösung in Gestalt ausschließlich der Namenswand entlang der Mauer vor dem Tunnel in Angriff zu nehmen.
- Am 9. Juni stellte Johannes Kares in der oben erwähnten Mitgliederversammlung das Modell für die Namenswand vor. Kostenvoranschlag 50.000 EURO. An Stelle der Aluminiumtäfelchen trat die Wand aus Stahlplatten. Pläne für die Nutzung des Tunnelinneren wurden zurückgestellt.
Während der Mitgliederversammlung wurde mit Johannes Kares durch die beiden Vorsitzenden ein Vertrag zur Errichtung der Namenswand bis 8. Mai 2005 geschlossen.
- Am 28. Juni schloss unsere Initiative mit der Stadt Leonberg einen sog. Gestattungsvertrag ab, der uns gestattet, vor dem Tunnel die Namenswand als Gedenkstätte zu errichten. In der Präambel bringen die beiden Vertragsparteien zum Ausdruck, dass sie mit der Errichtung der Gedenkstätte „einvernehmlich das Ziel“ verfolgen, an „die Ereignisse“ des KZ Leonberg und „die unmenschlichen Bedingungen zu erinnern und so das Andenken der Opfer zu wahren“.
- In den folgenden Wochen und Monaten beriet und entschied der Vorstand – unterstützt durch einen Projektausschuss – über die weiteren Einzelheiten. Dazu gehörte die Beauftragung von Johannes Kares als Künstler und Organisator, die Diskussion mit Herrn Kares als Künstler und Beauftragter für die technische Durchführung, das Genehmigungsverfahren, der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die Herstellung der Namensliste und die schrittweise Beauftragung der beteiligten drei Firmen.
* Die Zurichtung der Metalltafeln und deren Bearbeitung mit Lasertechnik liegt in den Händen der Leonberger Firma Mörk Metallbau.
* Die tragende Stahlkonstruktion liefert die Firma Müller Metallbau in Rutesheim.
* Die Herrichtung des Geländes besorgt die Firma Weber, Garten- und Landschaftsbau, Weissach.
- Parallel dazu bemühten wir uns um die Finanzierung, d.h. wir schrieben Firmen an und stellten Anträge bei Stiftungen.
* Hierzu hatten Linde Beer und Holger Korsten eine Werbebroschüre verfasst.
* Renate Stäbler und Eberhard Schmalzried entwarfen und produzierten die „Namensbausteine“.
* Die Werbegrafikerin Ursula Krebs entwarf für uns den Flyer „3000 Nummern 3000 Namen“.
- In der Mitgliederversammlung am 20. Oktober konnten wir den Startschuss für den Bausteinverkauf geben, dessen Höhepunkt mit dem Verkauf am eigenen Stand auf dem Nikolausmarkt erreicht wurde. (Der Ertrag der Nikolausmarkt-Aktion: 1389 €)
4. Spenden und Zuschüsse im Jahr 2004
Das Jahr 2004 ist für uns auch das Jahr der großen Spenden. Mit Dank an die Spender und natürlich auch an die Helfer, die die Spenden geworben haben, können wir heute feststellen, dass unser Ziel erreicht ist. Die Namenswand und die Einladung der ehemaligen Häftlinge einschließlich der Einweihungsfeier sind finanziell gesichert.
a) Für die Errichtung der Namenswand in Höhe von 50.000 EURO wurden in den Jahren 2002 bis 2004 gespendet:
- Großspenden in Höhe von 30.000 EURO:
* Wüstenrot-Stiftung 5000 €
* Richard von Weizsäcker 2000 €
* Fa. Trumpf, Ditzingen 5000 €
* Fa. EADS 10.000 €, sprich: European Aeronautic Defence and Space Company, jene Firma, in welche die Firma Messerschmitt nach einigen Zwischenstationen schließlich aufging
* Fa. Bosch 2000 €
* Kulturstiftung Kreissparkasse Böblingen 5000 €
* Volksbank Region Leonberg 1000 €.
- An weiteren zweckgebundenen Einzelspenden von Mitgliedern und Interessierten sind im Jahr 2004 9.920 EURO bei uns eingegangen. Darin enthalten sind 5637 EURO, die durch den Bausteinverkauf zustande kamen. Zusammen mit zweckgebundenen Spendenrücklagen aus den Jahren 2002 und 2003 kamen insgesamt 12.415 EURO an Einzelspenden von Mitgliedern und Freunden unserer Initiative zusammen, die zu den 30.000 EURO Großspenden addiert werden können.
- Den Rest können wir finanzieren über eine feste Zusage aus dem Kulturprogramm der EU in Brüssel. Der entsprechende Vertrag wurde mit uns am 21. Dezember 2004 rechtskräftig geschlossen, ein schönes Weihnachtsgeschenk für die Initiative.
b) Auch die noch nicht genau bezifferbaren Kosten für die Einladung und den Aufenthalt der ehemaligen Häftlinge und ihre Angehörigen wie für die Einweihungsfeier am 8. Mai sind aus heutiger Sicht gesichert.
- Wir haben hierfür eine feste Zusage der Firma Daimler-Chrysler in Höhe von 10.000 EURO.
- Wir können solche Kosten zusätzlich auch im Rahmen der EU-Zusage geltend machen.
- Es läuft außerdem noch ein Antrag für einen Reisekostenzuschuss aus dem Fond „Erinnerung und Zukunft“ bei der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“.
c) Schließlich haben wir die vorläufige Zusage der Landeszentrale für politische Bildung – vorbehältlich der Genehmigung des Landeshaushalts – für einen Zuschuss in Höhe von 1900 EURO zur Herstellung einer Druckschrift und eines Zuschusses in Höhe von 930 EURO zur Herstellung einer Ausstellung jeweils zum 8. Mai.
5. Der Vorstand traf sich im Jahr 2004 zu zwölf Sitzungen. Zwischen den Sitzungen hatten Einzelne unterschiedliche Aufgaben übernommen. Dazu gehörte auch die Außenvertretung. - - Drei von uns (Klaus Beer, Wolfgang Schiele, Eberhard Röhm) nahmen an der Jahrestagung der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten in Baden-Württemberg am 27./28. März in Ulm teil.
- Irmtraud Klein nahm im September als Vertreterin der Ini an einem mehrtägigen Kongress der italienischen Ehemaligenvereinigung A.N.E.D. in Triest teil.
- Den Kontakt zu den Mitgliedern und Interessenten hielten wir durch vier Rundbriefe und über unsere Internetseite aufrecht.
- Unsere Initiative mit ihren Aktivitäten erscheint inzwischen auch auf vier weiteren Internetseiten (Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg, Topographie des Terrors in Berlin, Stiftung Denkmal ermorderter Juden in Berlin und die homepage alemania judaica). Ab nächstem Jahr werden wir auch auf der homepage der bis dahin umgebauten und neu errichteten Gedenkstätte Natzweiler genannt werden.
- Zum Schluss, aber nicht unwichtig: Die Arbeit der Initiative wurde in erfreulichem Maße von der Presse wahrgenommen. Im Jahr 2004 erschienen 22 Berichte über uns in Presseorganen, vor allem in der Leonberger Kreiszeitung und in der Stuttgarter Zeitung. Dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken.
Mein persönlicher Dank gilt – außerhalb des Rechenschaftsberichts – den sechs Vorstandsmitgliedern für die gute und - wie ich sagen möchte - erfolgreiche Zusammenarbeit im Jahr 2004.
Dr. Eberhard Röhm
Vorsitzender KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V.
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